In diesem Artikel befasse ich mich mit dem Projekt, ein Grossmembran-Kondensatormikrofon mit einem Klinke (3.5mm Mono) Ausgang ab einer USB-Netzteil-Spannungsversorgung zusammen zu bauen.
Die Schaltungen sind zusammengesucht und auf meine Bedürfnisse angepasst. Da ich keine entsprechende Ausbildung habe, kann ich keine Garantie für das Funktionieren der Schaltung und deren Sicherheit geben.
Sie funktioniert in meiner Anwendung und die Qualität ist ganz passabel, aber das ist bekannterweise ansichtssache :-).
Preislich sind die Bauteile überschaubar und über die gängigen Kanäle kaufbar. Für das Gehäuse kann man selber kreativ werden. Eventuell lässt sich hier auch etwas kaufen und anpassen.
Dieser Artikel enthält grundsätzlich alle Informationen um einen Mikrofonvorverstärker mit Polarisationsschaltung und Boostkonverter für ein Grossmembran-Kondensatormikrofon selber zu bauen, aber eventuell sind die Arbeitsschritte nicht ganz der Reihe nach.
Ich würde jedem empfehlen, sich zuerst selber zusammenfassend zu notieren was man wo benötigt und wie umsetzen möchte. Bei der Projektumsetzung kommt es meistens sowieso nochmals etwas anders ;-).
Beim bauen hätte ich mir gewünscht eine Webseite zu genau dem Thema zu finden, was dann leider entweder meinem Suchalgorythmus nicht gepasst hat, oder es einfach keine entsprechende Anleitung gibt.
Schema Gesamtprojekt und Fotos
Wahrscheinlich ist es am besten, wenn ich zuerst einmal das Gesamte Projekt als Schema aufzeige, unten am Bild werde ich das Schema etwas ausführen:
Ich habe mich schlussendlich dazu entschieden, dass es zwei Teile gibt, aber alle haben eine Verbindung zum Shield bis hin zum Mikrofongehäuse:
- 1. Teil - Mikrofon mit integriertem Boostkonverter und USB-A (Female) Anschluss, welcher zum einen die 5 Volt für den Boostkonverter liefert und zum andern das Output-Signal über D+ / D- ausgibt.
- 2. Teil Zwischenteil mit fest angeschlossenem USB-A (Male) Kabel, welches für die Stromversorgung an einem USB-Netzteil gedacht ist, dem Klinkenausgang (Female) und dem USB-B (Female) Anschluss für die Verbindung Zwischenteil-Mikrofon.
Mikrofon mit integriertem Boostkonverter
Hier dient ein USB-A (Female) Konnektor über VBus und GND als Stromversorgung vom Boostkonverter und die D+ / D- als Output vom Mikrofon-Vorverstärker.
Das USB-Kabel-Schild ist direkt mit meinem Messing-Gehäuse vom Mikrofon verbunden.
Zwischenteil mit 3.5 mm Klinke als Ausgang
Im Zwischenteil verwende ich ein aufgeschnittenes USB-Kabel welches auf der einen Seite noch den USB-A (Male) Stecker dran hat, als 5-Volt Stromversorgung ab USB-Netzteil.
Musterschaltplan Mikrofon-Vorverstärker mit Polarisationsschaltung
Der folgende Schaltplan hat bei mir mit meinen Bauteilen funktioniert.
Als Spannungsquelle habe ich einen eigenen Boost-Konverter zusammengebaut (5 VDC zu 48 VDC).
Den Schaltplan zum Boost-Konverter habe ich ganz unten angefügt (
hier).
Folgende Bauteile habe ich verwendet:
- Grossmembran-Kondensatormikrofonkapsel (von Aliexpress)
- JFET LSK489B
- 1 Gigaohm Widerstand
- 4414 Ohm Metallfilmwiderstand (errechnet)
- 278 Ohm Metallfilmwiderstand (errechnet)
- 1 Megaohm Metallfilmwiderstand
- 68 Nanofarad Polypropylene-Folienkondensator
- 22 Microfarad Tantalkondensator (wird als Bypasskondensator verwendet).
- DIP-Schalter (um den Bypass-Kondensator ein- / ausschalten zu können)
- Schiebeschalter für GND - Lift (GND und Gehäuse verbinden / trennen)
- 48 Volt Spannungsversorgung (habe ich mit 5 Volt zu 48 Volt Boost-Konverter gelöst)
- PCB Platine, einseitig bedruckt
Bei den ungeraden Widerständen habe ich mit suchen und löten möglichst entsprechende Widerstände verwendet.
Mikrofon-Vorverstärker (Mic-Preamp) mit Polarisationsschaltung, Bauteile berechnen
Der Aufbau einer Schaltung für einen Mikrofon-Vorverstärker ist eigentlich relativ simpel.
Wie man zum Resultat kommt, war bei mir aber trotz der vielen Anleitungen im Internet doch eher Try and Error...
Ich versuche mich bei meinen Ausführungen kurz zu halten.
Polarisationsschaltung
Hört sich definitiv komplizierter an als es ist. Zum Teil hört man hier auch den englischen Begriff Polarizationplate oder Polarizationvoltage.
Im Netz bin ich auf verschiedene Varianten gestossen, ausprobiert habe ich 2 davon, die Variante 1 habe ich dann eingesetzt und ist mir auch besser rübergekommen, da man mit weniger Bauteile auskommt:
Variante 1 (von mir eingesetzt):
Die Backplate wird direkt an die Polarisationsspannung angeschlossen (in meinem Fall 48 Volt, entweder dem Datenblatt zu entnehmen oder vom Verkäufer anfragen), das Diaphragma wird direkt an die Basis (Gate) vom JFET angeschlossen. Zusätzlich geht von der Basis ein 1 Gigaohm Widerstand nach Ground.
Es geht auch mit geringeren Werten, aber der Ton leidet darunter. Als ich noch keinen Gigaohm Widerstand hatte, habe ich es auch mit 1 Megaohm getestet. Da kommt zwar Ton aber wenn man dann mal den Vergleich zu einem Gigaohm Widerstand hat, weiss man wieso...
Mehr steckt da eigentlich nicht hinter dem Begriff Polarisationsschaltung / Polarization...
Zur Polarisationsspannung habe ich gelesen, dass man auch mit Try and Error zum Wert kommt, sollte man diese nicht kennen. Ab einem gewissen Punkt wird sich dann die Frontplate mit der Backplate verbinden, dann hat man das absolute Maximum an Spannung, welches nie erreicht werden sollte. Wie schädlich das ist, darüber sind die Leute geteilter Meinung...
Mikrofon - Vorverstärkerschaltung (Preamp) berechnen
Mein Ansatz hier ist möglichst einfach zum Ziel zu kommen. Nach meinem Verständnis müsste sich dies auf andere JFET und Spannungsversorgungen anwendbar sein.
Zusammenfassend, die Benötigten Parameter um den JFET-Vorverstärker zu bauen sind:
- V+ (Versorgungsspannung) -> 48 Volt
-> Vorgegeben durch die Schaltung
- Arbeitspunkt (Mittelpunkt) der Schaltung vom JFET -> ca. 10V / ca. 8.1mA
-> Vom Datenblatt ablesen
- VGSOff gemäss der Berechneten IDSS -> ca. -2.25V
-> Vom Datenblatt ablesen, wenn man den Arbeitspunkt der Schaltung vom JFET bestimmt hat.
- RD Widerstand -> 4414 Ohm
-> Wird berechnet mit den Parameter von Punkt 1 - 3
- RS Widerstand -> 278 Ohm
-> Wird berechnet mit den Parameter von Punkt 1 - 3
- Koppelkondensator (Kapazität) -> 68 nF (Folienkondensator PP). Dieser wird im Zusammenhang mit der Grenzfrequenz beim Ausgang ermittelt.
- Grenzfrequenz beim Ausgang -> 2.34 Hz (1 MOhm Widerstand)
Arbeitspunkt (Mittelpunkt) der Schaltung vom JFET bestimmen
- Im Datenblatt vom JFET nach dem Diagramm der "Output Characteristics" (ID - Drain Current(mA) in Relation zu VDS - Drain-Source Voltage (V)) suchen.
- Eine 45 Grad Linie zeichnen vom Ende der obersten Linie nach ganz unten. Dies machen wir so, weil wir von einem Linearen Betrieb ausgehen.
- Eine horizontale Linie Zeichnen, in der Mitte von der 0-Achse und dem maximalen Graphen. Wir möchten, dass die Positiven und Negativen Punkte der Sinus-Kurve im Leistungsbereich des JFETs sind. Ansonsten könnte es zu einem Clipping kommen, oder es wird unten in der Frequenz einfach etwas abgeschnitten.
- Den Schnittpunkt bestimmen und anhand des Diagramms die mA und V ablesen. Dies benötigt jenachdem etwas einer Schätzung...
Quelle: https://www.linearsystems.com/_files/ugd/7e8069_0e97881584d2424baa3f3ad67a624446.pdf
Ich entnehme circa 8.1 mA und circa 10 Volt.
VGS(off) bei entsprechender Leistung vom JFET bestimmen
- Im Datenblatt vom JFET nach dem Diagramm "Drain Current and Transconductance vs. Gate-Source Cuttoff Voltage" suchen (IDSS (mA) im Verhältnis zu VGS(Off) (V)).
- Den Punkt auf dem Graphen von IDSS suchen, welcher mit mA vom vorherigen Diagramm entspricht. Das war bei uns 8.1 mA.
- Davon den Wert von VGS(Off) ablesen, in unserem Fall geschätzt circa -2.25 V.
Widerstände RD und RS berechnen
Nun können wir den Widerstand RD und den Widerstand RS berechnen:
- RD: (V+ - (Volt vom Arbeitspunkt + (VGS(OFF)*-1))) / IDSS (A)
(48-(10+2.25)) / 0.0081 = 4414 Ohm
- RS: (VGS(OFF)*-1) / IDSS (A)
2.25 / 0.0081 = 278 Ohm
Jetzt definieren wir noch den Ausgangsfilter (Hochpass):
Ausgangshochpassfilter (Output Filter) festlegen
Ich habe dies mit einem RC Filter (Resistor - Capacitor Filter (Widerstand - Kondensator) gelöst.
Im Musterschaltplan verwende ich einen 68 Nanofarad Polypropylene-Folienkondensator (PP) in Kombination mit einem Metallfilmwiderstand (1 Megaohm), was in einer Grenzfrequenz von 2.34 Hz resultiert.
Bei der Wahl der Grenzfrequenz gilt die Faustregel: 1/10 von der gewünschten Frequenz anpeilen.
In meinem Beispiel möchte ich, dass der Mikrofonvorverstärker ab 20 Hz aufnehmen soll. Das heisst, ich wähle einen RC-Filter mit der Grenzfrequenz um die 2 Hz.
Die Gleichung für ein RC Filter (Resistor - Capacitor Filter (Widerstand - Kondensator)) ist:
1 |
------------------------------ |
= Frequenz cut off bei -3dB |
2 x Pi x R x C |
Auch wenn die Gleichung kompliziert aussieht, es ist effektiv ziemlich simpel und kann einfach mit diversen Werten ausgerechnet werden.
Meine Kapsel hat einen Frequenzbereich von 20Hz bis 20kHz (das heisst, eine Grenzfrequenz von 2 Hz ist geplant).
Hier ein kleines Tool, welches die Berechnungen macht und einem die entsprechende Grenzfrequenz ausgibt:
Hochpassfilter - Grenzwertrechner (Frequenz):
Da man aber beim Aufbau der Schaltung eher weiss, was man an Frequenz haben möchte, ist hier die Rechnung dazu:
Bei der Auswahl des Widerstandes habe ich etwas gepröbelt, zum Starten habe ich hier einen Wert von 1 MOhm verwendet.
Jetzt wissen wir dass die Eingangsimpedanz 1 MOhm ist und die cut off Frequenz muss <= 20Hz betragen (wir möchten aber effektiv den Wert 1/10 davon), somit können wir C ausrechnen:
1 |
------------------------------ |
= C in Farad |
2 x Pi x R x F |
Hier ein kleines Tool, welches die Berechnungen macht und einem die entsprechenden Werte in Farad ausgibt:
Hochpassfilter - Kapazitätrechner:
Auch hier ist wie bei den Widerständen das Problem, dass Kondensatoren nicht in allen erdenklichen grössen einfach erhältlich sind.
Der hier erhaltene Wert in Farad kann man nehmen und dann den nächst möglichen vom Lieferanten des Vertrauens beziehen.
Ich wähle hier einen Kondensator welcher
höher ist als der berechnete Wert.
Zum Beispiel: ich errechne 190nF, dann wähle ich 220nF.
In unser aktuellen Situation setzen wir die Werte R = 1M und F = 2Hz ein:
1 |
------------------------------ |
= 0.0000000795F, 0.0795uF oder 79.5nF |
2 x Pi x 1000000 x 2 |
Jetzt muss man selber Entscheiden, welche Kapazität man möchte. Da ich aber sowieso bei der Grenzfrequenz von 1/10 des Minimums ausgegangen bin, habe ich auf 68 nF abgerundet.
Musterschaltplan Boost-Konverter 5 VDC zu 48 VDC
Der folgende Schaltplan hat bei mir mit meinen Bauteilen funktioniert.
Als Spannungsquelle verwende ich ein USB-Netzteil z. B. ein herumliegendes Smartphone-Ladegerät. Ich musste allerdings zwischen USB-Netzteil und Boost-Konverter zusätzlich einen 1000 uF Elko und 100 nF Keramikkondensator einlöten, da ich ansonsten hörbaren Ripple-Effekt auf dem Mikrofonausgang hatte!
Die Verbindung zwischen Boost-Konverter und USB-Netzteil habe ich durch ein USB-Kabel mit USB-Buchsen verwirklicht.
Folgende Bauteile habe ich verwendet:
- XL6009E1 (von Aliexpress)
- 1 uF Elko
- 4.7 uF Elko
- 37400 Ohm Widerstand (errechnet)
- 1000 Ohm Widerstand (errechnet)
- 1 uF SMD-Kondensator
- 1000 uF Elko
- 100 nF Keramikkondensator (104)
- 10 uH Spule
- SB2H100-E3 Schottky-Diode
- PCB Platine, einseitig bedruckt
So sieht das zusammengelötet aus. Es ist zwar ein schlechtes Foto, aber man sieht was ich meine:
Berechnungsgrundlage Boost-Konverter
Der Grundschaltplan habe ich dem Beispielschaltplan im Datenblatt vom XL6009E1 entnommen.
Für die variablen Bauteile habe ich zum einen dem Online Tool
https://learn.adafruit.com/diy-boost-calc/the-calculator entnommen und anhand dem Tool
https://www.digikey.ch/de/resources/conversion-calculators/conversion-calculator-voltage-divider die Widerstände berechnet.
Berechnungsdaten für den Boostkonverter vom Online Tool
Frequenz
400'000 Hz sind vom IC automatisch vorgegeben und grundsätzlich weit ausserhalb der hörbaren Frequenz.
Min Vin / Max Vin
Da gehe ich einfach von 4.9 - 5.1 aus.
Min Vout / Max Vout
Diesen Wert möchte ich auf 48 Volt fixiert haben.
IOut / Strom
Aufgerundet habe ich eine entsprechend gute Reserve mit 0.06 Ampère. Geschätzt mit der Kondensatorkapsel würde ich von etwa 12 Milliampère ausgehen, dies ist aber laienhaft über den Daumen gepeilt.
Vripple
Geschätzt genommen habe ich 0.01 Volt, aber ehrlich gesagt habe ich da einfach relativ tief runtergewollt, weil es sich nach weniger Störgeräusche anhört. Ab wann man wieviele Störgeräusche hat, weiss ich als Hobbyist nicht und habe ich auch keine Energie reingesteckt um das herauszufinden.
Berechnungsdaten für den Spannungsteiler vom Boostkonverter (Feedback Pin 5)
- Eingangsspannung: 48 Volt (vorgegeben durch die Schaltung).
- Erster Widerstand (R1): 37400 (Ich habe so lange Werte rumprobiert bis 1.25 V als Ausgangsspannung (Vout) gestanden haben.)
- Zweiter Widerstand (R2): 1000 (automatisch angenommen anhand der Beispielschaltung vom XL6009E1).
Einen Online-Rechner für den Spannungsteiler gibt es hier: digikey.ch/de/resources/conversion-calculators/conversion-calculator-voltage-divider.
Tipps und Tricks
Schaltung brummt
1. Möglichkeit
Der Zusammenbau ist noch nicht fertig.
Eine der hier ironischerweise negativen Eigenschaften des Mikrofon / Mikrofonvorverstärkers ist eben, dass ja ein geringes Signal verstärkt werden soll.
Dementsprechend ist die Schaltung, wenn sie noch nicht zusammengelötet ist (nur im Bredboard), oder das Gehäuse noch nicht ganz fertig geschlossen ist, auf Umwelteinflüsse anfällig.
Zum Beispiel die 50 Hz Netzfrequenz, oder Licht usw...
2. Möglichkeit
A - Die gewählten Glättungskondensatoren sind zu klein dimensioniert.
B - Eventuell dauert es einen Moment, bis die Glättungskondensatoren genug gesättigt sind. Bei mir dauert die Aufwärmphase ca. 1 Minute, danach ist es perfekt.
3. Möglichkeit
GND - Lift Schalter einbauen.
Eventuell ist es notwendig, dass die Verbindung von GND zum Shield (Gehäuse) gemacht / aufgehoben werden soll.
Dies löst man am einfachsten durch einen Schalter, welcher GND mit Shield verbindet oder aufhebt, je nach Schalterposition.
4. Möglichkeit
Die verwendete Stromquelle erzeugt zu unsauberen Strom. Eventuell einen anderen Netzadapter versuchen.
Schaltung erzeugt Rückkoppelung
Das ist bei mir passiert, als ich einen zu grossen Koppelkondensator (Wert) gewählt hatte.
Es hat zwar grundsätzlich funktioniert, aber nach ein paar Sekunden hat es angefangen immer lauter zu werden, bis es übersteuert hat.
GND-Lift - Was ist das?
GND - Lift meint die Funktionalität, dass man GND und Shield (Gehäuse) verbinden oder eben aufheben kann.
GND heisst: GND und Gehäuse (Shield) sind verbunden.
Lift heisst: GND und Gehäuse (Shield) sind getrennt.