In diesem Artikel befasse ich mich mit dem Projekt, ein Grossmembran-Kondensatormikrofon mit einem XLR-Anschluss zu bauen (symmetrisches Signal), welches über Phantomstrom (48 Volt) mit Spannung versorgt wird.
Die Schaltungen sind zusammengesucht und auf meine Bedürfnisse angepasst. Da ich keine entsprechende Ausbildung habe, kann ich keine Garantie für das Funktionieren der Schaltung und deren Sicherheit geben.
Sie funktioniert in meiner Anwendung und die Qualität ist ganz passabel, aber das ist bekannterweise ansichtssache :-).
Preislich sind die Bauteile überschaubar und über die gängigen Kanäle kaufbar. Für das Gehäuse kann man selber kreativ werden. Eventuell lässt sich hier auch etwas kaufen und anpassen.
Der Schaltplan ist dem der Firma Schoeps nachempfunden, aber den eigenen Bedürfnissen angepasst und eventuell ist auch durch technisches unverständnis etwas überlesen worden ;-).
Schema Gesamtprojekt und Fotos
Mein Modell sieht sehr wuchtig aus und das ist es auch.
Das liegt vor allem daran, dass ich keine entsprechenden Metallbearbeitungswerkzeuge besitze um das Gehäuse sauber und dicht bauen kann.
Ein schlechtes Gehäuse bedeutet automatisch auch schlechtes Audiosignal.
Wahrscheinlich ist es am besten, wenn ich zuerst einmal das Gesamte Projekt als Schema aufzeige, unten am Bild werde ich das Schema etwas ausführen:
Achtung, GND ist nicht Shield, diese müssen grundsätzlich auseinander gehalten werden und nur wenn nötig über die GND_LIFT-Funktionalität verbunden werden.
Die aufgezeichnete Schaltung ist nicht sonderlich schön, aber so sieht sie letztendlich bei mir aus.
Der JFET LSK 489 B war meine Wahl, weil er die 48 Volt Betriebsspannung aushält, Geräuscharm ist und für mich auch über Mouser kaufbar war.
Bei den Widerständen würde ich soweit möglich auf Metallschichtwiderstand zurückgreifen, wegen dem thermischen Rauschen.
Direkt in das Gate des JFET geht das Signal des Membrans, zusätzlich wird der 1 Gigaohm Widerstand mit Ground verbunden.
Vom Drain geht der RD-Widerstand zur Spannungsversorgung + und vom Source geht der RS-Widerstand zu GND der Spannungsversorgung.
Von den beiden Koppelkondensatoren (PP) 68nF (oder bevorzugte Grösse) bei Drain und Source geht es in aufeinander abgestmmte PNP-Transistoren für das generieren des Symmetrischen Signals.
Für die Spannungsversorgung: Vom Pin 2 und 3 des XLR-Konnektors geht es über jeweils einen 6.3 kOhm auf den Elektrolyt-Kondensator, dessen Minus an Pin 1 (GND) vom XLR-Konnektors verbunden ist.
1000 uF ist viel zu gross dimensioniert, zudem diese Beiden 220 uF Elektrolytkondensatoren sind eventuell obsolet. Aber sie sind bei mir so drin und es funktioniert soweit.
Folgende Bauteile habe ich verwendet:
- Grossmembran-Kondensatormikrofonkapsel (von Aliexpress)
- JFET LSK489B
- 1 Gigaohm Widerstand
- 4906 Ohm Metallfilmwiderstand (errechnet)
- 293 Ohm Metallfilmwiderstand (errechnet)
- 2 Stk. 100 kOhm Metallfilmwiderstand
- 2 Stk. 6.3 kOhm Metallfilmwiderstand
- 2 Stk. 68 Nanofarad Polypropylene-Folienkondensator
- 2 Stk. 220uF Elektrolytkondensatoren
- 1000uF Elektrolytkondensator
- 2 Stk. A1015 PNP-Transistoren (auf einander abgestimmt)
- XLR Einbaubuchse, Weiblich
- PCB Platine, einseitig bedruckt
- PCB Platine für Montage des JFET LSK489B
- Steckverbinderbuchse (Dupont)
- Schaltermöglichkeit für GND_LIFT
Bei den ungeraden Widerständen habe ich mit suchen und löten möglichst entsprechende Widerstände verwendet.
Platine bestückt auf Halterung festgemacht:
Das Rot / Schwarze Kabel führt zur Mikrofonkapsel.
Mikrofon-Vorverstärker (Mic-Preamp) mit Polarisationsschaltung, Bauteile berechnen
Der Aufbau einer Schaltung für einen Mikrofon-Vorverstärker ist eigentlich relativ simpel.
Wie man zum Resultat kommt, war bei mir aber trotz der vielen Anleitungen im Internet doch eher Try and Error...
Ich versuche mich bei meinen Ausführungen kurz zu halten.
Polarisationsschaltung
Hört sich definitiv komplizierter an als es ist. Zum Teil hört man hier auch den englischen Begriff Polarizationplate oder Polarizationvoltage.
Im Netz bin ich auf verschiedene Varianten gestossen, ausprobiert habe ich 2 davon, die Variante 1 habe ich dann eingesetzt und ist mir auch besser rübergekommen, da man mit weniger Bauteile auskommt:
Variante 1 (von mir eingesetzt):
Die Backplate wird direkt an die Polarisationsspannung angeschlossen (in meinem Fall 48 Volt, entweder dem Datenblatt zu entnehmen oder vom Verkäufer anfragen), das Diaphragma wird direkt an die Basis vom JFET angeschlossen. Zusätzlich geht von der Basis ein 1 Gigaohm Widerstand nach Ground.
Es geht auch mit geringeren Werte, aber der Ton leidet darunter. Als ich noch keinen Gigaohm Widerstand hatte, habe ich es auch mit 1 Megaohm getestet. Da kommt zwar Ton aber wenn man dann mal den Vergleich zu einem Gigaohm Widerstand hat, weiss man wieso...
Mehr steckt da eigentlich nicht hinter dem Begriff Polarisationsschaltung / Polarization...
Zur Polarisationsspannung habe ich gelesen, dass man auch mit Try and Error zum Wert kommt, sollte man diese nicht kennen. Ab einem gewissen Punkt wird sich dann die Frontplate mit der Backplate verbinden, dann hat man das absolute Maximum an Spannung, welches nie erreicht werden sollte. Wie schädlich das ist, darüber sind die Leute geteilter Meinung...
Mikrofon - Vorverstärkerschaltung (Preamp) berechnen
Mein Ansatz hier ist möglichst einfach zum Ziel zu kommen. Nach meinem Verständnis müsste sich dies auf andere JFET und Spannungsversorgungen anwendbar sein.
Zusammenfassend, die Benötigten Parameter um den JFET-Vorverstärker zu bauen sind:
- V+ (Versorgungsspannung) -> 48 Volt
-> Vorgegeben durch die Schaltung
- Arbeitspunkt (Mittelpunkt) der Schaltung vom JFET -> ca. 9V / ca. 7.5mA
-> Vom Datenblatt ablesen
- VGSOff gemäss der Berechneten IDSS -> ca. -2.2V
-> Vom Datenblatt ablesen, wenn man den Arbeitspunkt der Schaltung vom JFET bestimmt hat.
- RD Widerstand -> 4906 Ohm
-> Wird berechnet mit den Parameter, welche wir im nachfolgenden Teil der Anleitung herausfinden werden.
- RS Widerstand -> 293 Ohm
-> Wird berechnet mit den Parameter, welche wir im nachfolgenden Teil der Anleitung herausfinden werden.
- Koppelkondensator (Kapazität) -> 68 - 330 nF (Folienkondensator PP). Hier muss man wohl selber mit versuchen und herausfinden arbeiten. Letztendlich war ich mit 330 nF zufrieden.
Arbeitspunkt (Mittelpunkt) der Schaltung vom JFET bestimmen
- Im Datenblatt vom JFET nach dem Diagramm der "Output Characteristics" (ID - Drain Current(mA) in Relation zu VDS - Drain-Source Voltage (V)) suchen.
- Eine 45 Grad Linie zeichnen vom Ende der obersten Linie nach ganz unten. Dies machen wir so, weil wir von einem Linearen Betrieb ausgehen.
- Eine horizontale Linie Zeichnen, in der Mitte von der 0-Achse und dem maximalen Graphen. Wir möchten, dass die Positiven und Negativen Punkte der Sinus-Kurve im Leistungsbereich des JFETs sind. Ansonsten könnte es zu einem Clipping kommen, oder es wird unten in der Frequenz einfach etwas abgeschnitten.
- Den Schnittpunkt bestimmen und anhand des Diagramms die mA und V ablesen. Dies benötigt jenachdem etwas einer Schätzung...
Ich entnehme circa 7.5 mA und circa 9 Volt.
VGS(off) bei entsprechender Leistung vom JFET bestimmen
- Im Datenblatt vom JFET nach dem Diagramm "Drain Current and Transconductance vs. Gate-Source Cuttoff Voltage" suchen (IDSS (mA) im Verhältniss zu VGS(Off) (V)).
- Den Punkt auf dem Graphen von IDSS suchen, welcher mit mA vom vorherigen Diagramm entspricht. Das war bei uns 7.5 mA.
- Davon den Wert von CGS(Off) ablesen, in unserem Fall geschätzt circa -2.2 V.
Widerstände RD und RS berechnen
Nun können wir den Widerstand RD und den Widerstand RS berechnen:
- RD: (V+ - (Volt vom Arbeitspunkt + (VGS(OFF)*-1))) / IDSS (A)
(48-(9+2.2)) / 0.0075 = 4906 Ohm
- RS: (VGS(OFF)*-1) / IDSS (A)
2.2 / 0.0075 = 293 Ohm
A1015 PNP-Transistoren abstimmen (Transistor Matching)
Beim Abstimmen der Transistoren geht es darum, dass man 2 Transistorenpaare hat, welche denselben Verstärkungsfaktor (hfe) haben.
Zum Abstimmen der Transitoren gibt es verschiedene Optionen.
Die einfachste ist, wenn man ein Messgerät hat, welches den Stromverstärkungsfaktor (hfe) direkt ausibt.
Dies hatte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, also habe ich mich mit einer anderen Variante beholfen.
Folgende Variante habe ich angewendet:
Kollektorspannung messen und vergleichen.
- Transistorhalterung (Steckbuchse für Dupontkabel...)
- 1x 1 k Ohm Metallschichtwiderstand
- 2x 5.1 k Ohm Metallschichtwiderstand
- 2x 51 k Ohm Metallschichtwiderstand
- Zuverlässige Versorgungsspannung. In der Schaltung steht 16 Volt, es können auch 15.5 Volt oder so sein, aber stabil sollte sie schon sein.
Dies habe ich in einer simplen Schaltung zusammengefügt und dann nach jeweils 3 Minuten Laufzeit die Spannung am Kollektor gemessen und aufgeschrieben.
Das habe ich für meine 20 Stück A1015 PNP-Transistoren durchgeführt.
Gemäss dem was ich gelesen habe, ist es wichtig, dass man die Transistoren vorher eine Weile bei der Arbeitstemperatur lagert.
Da ich sie sowieso in meiner Bastelecke gelagert habe, war dies bei mir kein Problem.
Zudem sollte man sie für ein möglichst genaues Ergebnis besser mit einer Pinzette als mit den Finger einsetzen (Temperatur...).
Ausgangshochpassfilter (Output Filter) festlegen (Optional)
Optional könnte man nach den Koppelkondensatoren (die bei mir gewählten 68 nF PP-Kondensatoren) noch einen Ausgangsfilter (Hochpass) erstellen::
Man könnte dies mit einem RC Filter (Resistor - Capacitor Filter (Widerstand - Kondensator) lösen.
Im Musterschaltplan verwende ich 68 Nanofarad Polypropylene-Folienkondensatoren (PP). Diese in Kombination mit jeweils einem Metallfilmwiderstand (1 Megaohm), würde in einer Grenzfrequenz von 2.34 Hz resultieren.
Bei der Wahl der Grenzfrequenz gilt die Faustregel: 1/10 von der gewünschten Frequenz anpeilen.
In meinem Beispiel möchte ich, dass der Mikrofonvorverstärker ab 20 Hz aufnehmen soll. Das heisst, ich wähle einen RC-Filter mit der Grenzfrequenz um die 2 Hz.
Die Gleichung für ein RC Filter (Resistor - Capacitor Filter (Widerstand - Kondensator)) ist:
1 |
------------------------------ |
= Frequenz cut off bei -3dB |
2 x Pi x R x C |
Auch wenn die Gleichung kompliziert aussieht, es ist effektiv ziemlich simpel und kann einfach mit diversen Werten ausgerechnet werden.
Meine Kapsel hat einen Frequenzbereich von 20Hz bis 20kHz (das heisst, eine Grenzfrequenz von 2 Hz ist geplant).
Hier ein kleines Tool, welches die Berechnungen macht und einem die entsprechende Grenzfrequenz ausgibt:
Hochpassfilter - Grenzwertrechner (Frequenz):
Da man aber beim Aufbau der Schaltung eher weiss, was man an Frequenz haben möchte, ist hier die Rechnung dazu:
Bei der Auswahl des Widerstandes habe ich etwas gepröbelt, zum Starten habe ich hier einen Wert von 1 MOhm verwendet.
Jetzt wissen wir dass die Eingangsimpedanz 1 MOhm ist und die cut off Frequenz muss <= 20Hz betragen (wir möchten aber effektiv den Wert 1/10 davon), somit können wir C ausrechnen:
1 |
------------------------------ |
= C in Farad |
2 x Pi x R x F |
Hier ein kleines Tool, welches die Berechnungen macht und einem die entsprechenden Werte in Farad ausgibt:
Hochpassfilter - Kapazitätrechner:
Auch hier ist wie bei den Widerständen das Problem, dass Kondensatoren nicht in allen erdenklichen grössen einfach erhältlich sind.
Der hier erhaltene Wert in Farad kann man nehmen und dann den nächst möglichen vom Lieferanten des Vertrauens beziehen.
Ich wähle hier einen Kondensator welcher
höher ist als der berechnete Wert.
Zum Beispiel: ich errechne 190nF, dann wähle ich 220nF.
In unser aktuellen Situation setzen wir die Werte R = 1M und F = 2Hz ein:
1 |
------------------------------ |
= 0.0000000795F, 0.0795uF oder 79.5nF |
2 x Pi x 1000000 x 2 |
Jetzt muss man selber Entscheiden, welche Kapazität man möchte. Da ich aber sowieso bei der Grenzfrequenz von 1/10 des Minimums ausgegangen bin, habe ich auf 68 nF abgerundet.
Tipps und Tricks
Schaltung brummt
1. Möglichkeit
Der Zusammenbau ist noch nicht fertig.
Eine der hier ironischerweise negativen Eigenschaften des Mikrofon / Mikrofonvorverstärkers ist eben, dass ja ein geringes Signal verstärkt werden soll.
Dementsprechend ist die Schaltung, wenn sie noch nicht zusammengelötet ist (nur im Bredboard), oder das Gehäuse noch nicht ganz fertig geschlossen ist, auf Umwelteinflüsse anfällig.
Zum Beispiel die 50 Hz Netzfrequenz, oder Licht usw...
2. Möglichkeit
GND-LIFT-Schalter nicht verwendet / Stellung falsch.
Schaltung erzeugt Rückkoppelung
Das ist bei mir passiert, als ich einen zu grosse Koppelkondensatoren (Wert) gewählt hatte.
Es hat zwar grundsätzlich funktioniert, aber nach ein paar Sekunden hat es angefangen immer lauter zu werden, bis es übersteuert hat.